Wirtschaftskreis Pankow zum BVV Beschluss Tempo 30 im Bezirk

1. Februar 2021

Sehr geehrte Bezirksverordnete der BVV Pankow von Berlin,

wir haben den Beschluss der BVV zur Drs.: VIII-1292 „Tempo 30 in ganz Pankow“ zur Kenntnis genommen.
Die Umsetzung dieses Beschlusses beträfe alle Verkehrsteilnehmer, so auch die Wirtschaftsbetriebe.
Angesichts der Größe des Bezirks und seiner Ausdehnung von Mitte bis an den Stadtrand, sowie der geltenden gesetzlichen Bestimmungen im Straßenverkehr halten wir diesen Beschluss rein sachlich für verfehlt.
Der Wirtschaftskreis Berlin- Pankow e. V. hat eine Umfrage an rund 450 Unternehmen in Pankow gerichtet, wie diese den Beschluss der BVV zu der Drucksache VIII-1292 bewerten. Die Rückmeldungen im zahlenmäßig dreistelligen Bereich liegen vor. Mehr als 80% der Unternehmer, die sich zu unserer Umfrage geäußert haben, sind gegen eine generelle Tempo 30 Beschränkung auf Pankows Straßen.
Die Unternehmen brachten vielfältig und differenziert ihr Erstaunen zum Ausdruck, dass die Bezirksverordneten derartige Themen zurzeit bearbeiten und offenbar die Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche unterschätzen.
Die Unternehmen empfinden diesen Beschluss als Affront gegen die unternehmerische Tätigkeit im Bezirk, die hier aber für ein ausgewogenes gesellschaftliches Klima, wozu auch die Arbeitsplätze
vor Ort gehören, sorgen. Ebenso entsteht der Eindruck, dass unterschiedliche Gruppen von Verkehrsteilnehmern stark gegeneinander ausgespielt werden oder politisches Kalkül eine Rolle spielt.
Die meisten ansässigen Unternehmen in Pankow haben ihren Firmensitz außerhalb des S-Bahn Rings und ihren Geschäftsbereich im Dienstleistungs-, Handwerks-, Bau- oder Transportwesen. Jede Kalkulation beruht auch auf zeitlichem Aufwand für die jeweiligen Leistungen, die meist nicht am Firmensitz erbracht werden, sondern vor Ort beim Kunden.
Mehr als deutlich wurde in den Rückmeldungen, dass eine spürbare Verteuerung der Leistungen unausweichlich wäre, weniger Kunden bedient werden können und sich ein Wettbewerbsnachteil
innerhalb Berlins ergibt. Betroffen davon sind dann auch Pankows Einwohner.
Die Ausnahmen, die der Beschluss der BVV Pankow impliziert, werden als nicht ausreichend gesehen.
Bevor über Tempolimit für den ganzen Bezirk diskutiert werden kann, müssen
zunächst andere Veränderungen vorgenommen werden. Die 30er Zonen in Wohngebieten, vor Kitas, Schulen, Senioreneinrichtungen u.a. sind sinnvoll, unerlässlich und stehen überhaupt nicht zur Diskussion. Auch die Einrichtung von Anforderungsampeln und Fußgängerüberwegen sehen einige als unerlässlich, ebenso den Ausbau des ÖPNV und sinnvoller Radwege (z.B. in Parallelstraßen zu den Hauptverkehrsstraßen), um motorisierten Verkehr zu beruhigen. Allerdings können wir nicht erkennen, dass sich alle Vertreter der BVV bewusst sind, welche Anzahl von Unternehmen in Pankow überhaupt tätig sind und wie hoch die Anzahl und Größe der Unternehmen davon auf Grund ihres Geschäftsfelds ohne motorisierte Mobilität gar nicht existieren können.
Wir fordern die Bezirksverordneten von Pankow dazu auf, diesen Beschluss zurückzunehmen!

Wir fordern dringend die Einbeziehung von Unternehmern in solche weitreichenden Beschlüsse, um hier differenzierte Sichtweisen und Auswirkungen im Vorfeld berücksichtigen zu können. Wir fordern dringend, verlässliche und relevante Erhebungen über die bereits bestehenden Geschwindigkeitsbegrenzungen im Bezirk vorzunehmen, sowie eine Aufstellung des Verhältnisses vom sogenannten motorisierten Individualverkehr (MIV) zu Wirtschafts-, Versorgungs- und
Entsorgungsverkehr. Sehr gern stehen wir zur Verfügung, um darüber mit Vertretern der BVV zu diskutieren.

Wirtschaftskreis Berlin Pankow e.V.
Der Vorstand
Christine Beck-Limberg